WLAN Richtfunk selbstgebaut
17.01.2003 Geburtstagsparty der LUGX - So fing alles an.
Der "harte Kern" der LUGX steckte auf der einjährigen Geburtstagsparty der LUG konspirativ die Köpfe zusammen und beschloss: Mitte des Jahres gibts eine Installparty! Sie soll etwas größer ausfallen, etwas Besonderes werden und hier im Raum Xanten stattfinden. Als die Sache beschlossen und verkündet wurde, stellte sich heraus: Keiner weiss wie, wann und wo, aber alle machen mit! Prima, so wünschen wir uns das!
01.02.2003 Nächstes Treffen der LUGX - Eine Idee wächst ...
Auf dem nächsten monatlichen Treffen der LUGX im Gästehaus Xanten war die
Installparty DAS Thema! Viele Vorschläge, viele Schnapsideen... Das größte
Problem war die fehlende Örtlichkeit. Am Ende einigte man sich erstmal darauf,
dass die Party wahrscheinlich im Gästehaus stattfinden wird. Oder gibt es
vielleicht doch Alternativen?
1.3.2003 Die Planung nimmt Gestalt an
Wieder traff sich die LUGX im Gästehaus. Marc hielt einen vielbeachteten Vortrag über Samba. Einige Vorschläge zum Veranstaltungsort kammen auf den Tisch. Alle waren recht vage. Irgendwie wurde allen klar, dass es wohl das Gästehaus wird. Problem: Das Gästehaus Xanten hat noch keinen DSL-Zugang ins Internet!
Und so wurde die Schnapsidee geboren! Ein paar hundert Meter vom Gästehaus entfernt hat der Vater von Michael Hoffmann in seinem Radio- und Fernsehgeschäft einen DSL-Anschluß! Könnte man nicht... irgendwie... vielleicht... und überhaupt? Ab diesem Augenblick spukte diese verrückte Idee unauslöschlich in den Köpfen: Wir stellen eine Wireless LAN Richtfunkstrecke auf die Beine!
Natürlich gab es wilde Spekulationen und zahlreiche Meinungen über die zu
überbrückende Entfernung und die Realisierbarkeit. Nach dem Treffen schauten
sich einige beim Geodatenserver
KVR die geografischen Verhältnisse an. Luftbilder wurden abgerufen und die
Entfernungen gemessen. Insgesamt war eine Entfernung von etwa 450 Meter zu
überbrücken. Eine ganz schön weite Strecke für WLAN,
WLAN funktioniert
normalerweise nur bis zu 300 Metern und da auch nur mehr recht als
schlecht.
Luftbild von der zu überbrückenden Strecke. Die Linie beginnt links unten am Laden und endet rechts oben am Gästehaus. 450 Meter Luft, unterbrochen von einem störrischen Baum, der uns aber nicht hindern wird! |
Wir brauchten also Richtantennen und diese müßten möglichst hoch
angebracht werden. Natürlich sollte das Ganze möglichst nichts kosten. Michael
(R.) konnte einen 10 Meter Schiebemast besorgen und Michael entdeckte eine Bauanleitung
für eine vielversprechende Konstruktion. Diese Bauanleitung basiert auf einer
Kunststoff-CD-Spindel, wie sie zur Verpackung von CD-Rohlingen dient. Wir
beschlossen: Das ist es!
Einkaufsaktion
Das nächste Problem stellt sich: In den winzigen Stecker, der in die
WLAN-Karte paßt, paßt nur ein sehr dünnes Kabel von genau 3 mm Durchmesser
(RG-316 Koaxialkabel Teflon). Dieses dünne Kabel würde bei den hohen Frequenzen
enorme Verluste produzieren. Wir mußten wegen der zu überbrückenden Höhe aber
mit mindestens 4 Metern Kabellänge zwischen Karte und Antenne rechnen. Also
mußten wir in den sauren Apfel beissen und folgende mutige Konstruktion wagen:
Kleiner Stecker auf dünnes Kabel, nach 10cm ein Adapter auf dickes Kabel (RG-213
FOAM Koaxialkabel) und dann nach 4 Metern ein direkter Anschluß des dicken
Kabels an den Strahler. Anscheinend hatten schon einige Mutige vor uns dieses
Problem, denn es gibt diese Konstruktion fertig zu kaufen unter dem
aussagekräftigen Namen "PIGTAIL" :-) Leider sind 30 Euro pro Stück zuviel Geld
für die arme LugX (Sach- und Geldspenden sind immer willkommen :-) ). Wir
entschlossen uns, dieses "Schweineschwänzchen" selber zu bauen. Alle Teile -
auch die zusätzlichen für den Pigtail - bestellten wir per Internet bei WIMO.
Hier der letztlich resultierende Einkaufszettel:
Anzahl | Bezeichnung | Artikelnummer | Einzelpreis | Gesamtpreis |
2 | Ministecker für Lucent WLAN-Karten | 42930 | 6,00 | 12,00 |
2 | N-Stecker crimp RG-316 | 42203.316 | 4,80 | 9,60 |
2 | N-Kabelbuchsen RG-213 | 42053 | 5,00 | 10,00 |
1m | RG-316 Koaxialkabel Teflon | 40029 | 1,80 | 1,80 |
8m | RG-213 FOAM Koaxialkabel | 40026 | 2,20 | 17,60 |
1 | Versand, Verpackung, Nachnahme | 99vpn | 10,00 | 10,00 |
zu zahlender Betrag | 61,00 |
Das Paket ist da und bezahlt, es gibt kein Zurück mehr!
Die gelieferten Teile mit einer Diskette zum Größenvergleich |
Der Stecker für die Lucent WLAN-Karte. Ohgott! Wer soll diesen Winzling bloß anlöten!?!? Michael ist der Auserwählte! :-) |
Wie bastelt man einen Pigtail?
Hier war Michael gefordert! Er sollte als gelernter Radio- und
Fernsehtechniker diese "Akrobatlötung" hinbekommen.
Das Problem: Das dünne Kabel wird
von der Seite in den Stecker geschoben, bis sich die abisolierte Litze in eine
winzige vergoldete Gabel einführt. Der Stecker hat oben eine Öffnung von nur 2
mm Durchmesser in der in etwa 3 mm Tiefe die Litze in die Gabel gelötet werden
muss. Wird die Spitze des Lötkolbens die 3mm in die Öffnung geschoben, ist die
winzige Öffnung restlos ausgefüllt. Die Kunst ist also ohne Sicht auf die
eigentliche Lötstelle, möglichst in Sekundenschnelle (damit die Teflonisolierung
nicht verschmort) blind die Lötung vorzunehmen. Das natürlich OHNE dass auch nur
die winzigste Menge Zinn einen Kurzschluss zwischen der Gabel des Innenleiters
und der Außenabschirmung produziert. Sollte das geschehen, wäre der teure
Stecker verloren, denn niemals wäre das Zinn wieder aus diesem Löchlein
herauszubekommen!
Links oben ist der Ministecker vergrößert dargestellt. |
28.3.2003 Bastelaktion: Antennenbau für anfangende fortgeschrittene Profis :-)
Jetzt wirds ernst! 450 Meter Entfernung wollen überbrückt werden! Charly,
Michael und Eckard bauen unter Einsatz aller Ressourcen im Keller von
Michaels Elternhaus in Vynen zwei WLAN Richtantennen. Wir hatten uns ja schon
beim LUG-Treffen entschieden, "Hochtenologie"-Antennen auf der Basis von
handelsüblichen CD-Spindeln zu bauen.
Die Antenne besteht aus einer CD-Spindel, die sonst als Verkaufsverpackung
für CD-Rohlinge dient. Der Mittelzapfen wird gekürzt und kreuzförmig
eingeschnitten. In das Kreuz wird eine eckige "Acht", gebogen aus Kupferdraht
gelegt, an der schon das dicke Kabel angelötet ist. Die Acht wird genauestens im
richtigen Abstand und absolut parallel zur Grundfläche positioniert und dann mit
Heißkleber in dieser Position fixiert. Als Reflektor dient eine normale CD, die
zuunterst auf die Grundfläche der Spindel geklebt wird.
Beginn der Aktion: morgens um 10. Ende gegen 21 Uhr. Dann mußten wir aufgeben, denn mit Charly's ELSA WLAN-Karte war irgendwie wenig anzufangen, sie wollte einfach nicht mitspielen. Natürlich haben wir drei unser Werk dokumentiert und in Bildern festgehalten.
Ärmel hochgekrempelt und LOS!
Wo anfangen? Erstmal Kabel
abisolieren! |
Die Spindel wird auf 23mm Länge über der CD
(!!!) gekürzt |
Das Feilen der Schlitze für die "Acht" aus
Kupferdraht |
So soll die fertige Kupferdraht-Acht einmal
aussehen. Die Maße sind kritisch! Sie müssen so genau wie möglich
eingehalten werden. |
Die ersten Späne fallen
Ohne genaues Anzeichnen kein genaues
Arbeiten: der stumpfe Bleistift wird zwischendurch angespitzt! Natürlich
elektrisch! :-) |
Uff! Soooviel schwere Arbeit! Erstmal Pause
machen! :-) |
Die Draht"brille": 2 Quadrate, von genau 29
mm Innenmaß, gebogen zu einer eckigen Acht. Hier kommts auf Präzision an,
sonst bringt die Antenne später nichts! |
Charly beim Versuch, dieser Arbeit "mitten
in der Nacht" irgendetwas Positives
abzuringen |
Es wird was ...
Die fertige Brille, mittels zweier Muttern als Abstandshalter in die Spindel eingesetzt. Hier wird der korrekte Abstand von 15mm nachgemessen. |
Wenn alles stimmt, hat die andere Seite ebenfalls 15mm Abstand. Gut, dass wir dank großer Mengen Kaffees beim Biegen so genau waren. |
So soll es aussehen! Alles winklig und parallel! Hier gut zu erkennen, dass die Brille auf der Unterseite in der Mitte nicht geschlossen ist, sondern dass sich hier die beiden Enden treffen, ohne den Knick oben zu berühren. Hier erfolgt später der Anschluss des Antennenkabels, indem der Mittelleiter an den beiden Enden angelötet wird, die Abschirmung wird an den oberen Knick angelötet. |
Die fertige Antenne, Kabel angelötet, Brille mit Kleber in der richtigen Position fixiert. Zwecks besserer Sicht ohne die Kunststoffabdeckung. |
23.4.2003 Die beiden Antennen in einem ersten Freilandversuch
Nun hatten wir 2 Antennen, aber nur eine funktionierende WLAN-Karte. Charly lieh uns seine Orinoco Silver, damit konnten wir nun endlich testen, ob wir akurat gearbeitet haben.
Der erste Versuch:
Das eine Notebook stand im Haus der Familie Hoffmann im ersten Stock, die
Antenne in nächster Nähe auf der Fensterbank und strahlt Richtung Vynen
"City". Wir gingen mit Michaels Notebook zur Hauptstrasse und dann rechts
ab in Richtung "City". Derweil beobachtete Birgit, Michaels Schwester, das
Notebook an der Fensterbank und signalisierte uns die Entwicklung der
Verbindung.
Die Lucent Software ist einfach genial! Sie schreibt die ganze Zeit ein
sekundengenaues Log mit, aus dem die Verbindungswerte hervorgehen. Aus diesem
Logfile generierten wir das untenstehende Diagramm. Die senkrechte Achse
repräsentiert den Signalverlauf, die waagerechte Linie den zeitlichen
Verlauf. Die Bedeutung der
Linien:
Blau = Abstand des
Nutzsignals zum Grundrauschen
Magenta = Signalstärke des
Nutzsignals
Gelb =
Rauschpegel
Der tiefste Punkt der Kurve (15:55 Uhr) repräsentiert den Wendepunkt (rote
Kreuz auf der Karte) und damit die weiteste Entfernung. Das Interessante war
hierbei, das am Endpunkt es keine direkte Sichtverbindung mehr zur anderen
Antenne vorhanden war. Es waren Häuser zwischen den Antennen und trotzdem hatte
die Verbindung funktioniert. Das liess auf gute Verbindung bei direkter Sicht
hoffen. Danach entschlossen wir uns, abzubrechen und einen neuen Versuch auf
freiem Feld zu machen.
Verlaufsdiagramm erster Versuch |
Hier ein Luftbild der Wegstrecke, die wir abliefen. Startpunkt war das südliche Ende (grünes Kreuz). Umkehrpunkt war das rote Kreuz im Norden. |
Zweiter Test, diesmal in der "Pampas" von Vynen in völlig freiem Gelände
Die geniale Lucent-Software gestattet es, "Schnappschüsse" des Signals von
Hand auszulösen und in ein Logfile zu schreiben. Dabei kann an ein vorhandenes
Logfile angehängt werden und ein Kommentar dazu geschrieben werden.
Das
hatten wir natürlich ausgenutzt. Wir haben einen mit dem Notebook im Inneren und
der Antenne auf dem Dach abgestellt und sind mit einem anderen Wagen
weggefahren. Alle 100 Meter haben wir angehalten und haben einen Schnappschuss
mit der Entfernung als Kommentar ins Log schreiben lassen. Auch aus diesen Daten
haben wir wieder ein Diagramm gebastelt.
Das verblüffende Ergebnis:
Das Signal fiel schon nach wenigen Metern ziemlich schnell ab. Die Kurve wurde dann aber sehr flach und wir verloren erst nach 1300 Metern (!!!) das Signal. Die ganze Zeit lief ein Ping mit. Wir konnten es einfach nicht glauben! Über 1km Entfernung kann man mit diesen Antennen überbrücken! Nach 1 km hatten wir noch 2MBit Bandbreite! Wahrscheinlich wären wir noch weiter gekommen, aber an der Stelle fuhren wir durch ein kleines Wäldchen und da war dann Schluß!
Legende:
Magenta = RSL = Remote Signal Level =
Signalstärke
Gelb = RNL = Remote Noise
Level = Rauschen
Wissenswert: Wenn das Signal bis auf den
Rauschlevel abfällt, bricht die Verbindung ab!
Verlaufsdiagramm, freies Feld, Appeldorn |
Hier das Luftbild. Michaels Wagen stand am grünen Kreuz und unser Signal brach am roten Kreuz ab. Jeder Punkt auf der Linie repräsentiert 100 Meter. |
UNverantwortlich im Sinne des Pressegesetzes...:-)
Es haben gebastelt und getestet:
Michael Hoffmann, Eckard Haupt, Charly
Kühnast
Unser besonderer Dank geht an Michaels Mutter Frau Hoffmann, die
uns drei immer mit Kaffee, Kuchen und Schnittchen versorgt hat, all die
teilweise nächtelangen Laufereien durchs Haus mit stoischer Ruhe ertragen hat
und nie ungehalten wurde! :-)
letzte Änderung am 10.05.2003 von jörg arlandt